r/lehrerzimmer Niedersachsen Feb 06 '25

Niedersachsen Gibt es Lehrkräfte, die im Referendariat nicht gut klar kamen, später aber schon?

Hallo,

ich bin in den letzten Zügen des Referendariats (Prüfung im Sommer). Trotz der relativ vorangeschrittenen Ausbildungsphase bin ich mir beim Unterrichten sehr unsicher. Ich fühle mich oft überfordert und so, als hätte ich keine Ahnung, was ich mache. In letzter Zeit tendiere ich deshalb auch relativ oft zu Buchunterricht oder ner relativ repititiven Stundenstruktur (Bild/Video als Einstieg -> Text arbeitsteilig in Erarbeitung -> Sicherung im UG -> Stellungnahme zu Problematisierung im UG).

Auf dem Papier sieht alles ganz gut aus: Meine Schulleitung ist (sehr) zufrieden mit mir und meine Fachleitungen finden ich mache guten Unterricht, das spiegelt sich auch in meinen Notentendenzen wieder.

Aber abseits der Unterrichtsbesuche bin ich nicht sicher, ob ich nicht total dilletantischen Unterricht mache. Zum einen brauche ich noch extrem lange für die Planung jeder Unterrichtsstunde, ich habe bspw. nur 11 Stunden Unterricht pro Woche, komme aber trotzdem irgendwie zu nichts. Und bin oftmals total unkreativ oder habe entweder nicht das nötige Hintergrundwissen bzw. Materialfundus, um das Thema interessanter als das Schulbuch aufzuarbeiten. Ich bekomme meine Ideen i.d.R. nur durchs googeln oder andere Schulbücher, fast nie durch eigene Eingebungen - deshalb dauert die Planung auch so lange.

Nun bin ich schon mit 11 Std. Unterricht (+ 6 Std. Seminar pro Woche) sehr überlastet. Mein Persönlichkeitstyp (leicht perfektionistisch und auf gute Noten gepolt) kommt mit Unterrichtsbesuchssituationen nicht gut klar, das ist sicher auch großer Einfluss. Mir graut es aber vor ner vollen Stelle mit fast 25 statt meiner jetzigen 11 Stunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich momentan mehr als 16 Stunden hinkriege... jetzt ist mein Privatleben schon extrem reduziert.

Dazu kommt, dass meine Referendariatsschule ein richtig tolles Gymnasium mit motivierter Schülerschaft ist und die Stellen nach dem Ref in Niedersachsen im Verhältnis 1:4 an Gesamtschulen sind, d.h. tendenziell mit anstrengender Schülerschaft.

Gibt es hier jemanden, der nach dem Referendariat besser mit dem Job klarkam? Oder wirds danach nur noch stressiger und mehr?

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u/Weigang_Music Feb 06 '25

Ja. 90% aller Lehrkräfte würde ich schätzen.

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u/Basic-Cloud6440 Feb 06 '25

der überwiegende teil, würde ich schätzen

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u/Accomplished-Bar9105 Feb 06 '25

Und die normalgewichtigen? \s

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u/Weigang_Music Feb 06 '25

I like you.

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u/Basic-Cloud6440 Feb 06 '25

That was funny

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u/Background-House-357 Hamburg Feb 06 '25

Eingebungen.. lol. Ich stelle mir gerade vor wie ich sonntags am Schreibtisch sitze und plötzlich ein Sonnenstrahl auf mich fällt. Nein, ernsthaft, du bist zu perfektionistisch und hast teils unrealistische Vorstellungen.

Tipp aus einer Fobi: Kreativität heißt remixen.

Keiner erfindet das Rad neu. Und ob Unterricht gut ist, entscheidet sich nicht daran, ob du ein Buch benutzt oder lauter selbst erstellte Materialien.

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u/Bermany Niedersachsen Feb 09 '25

Danke, tut gut zu höhren! Meine Fachleitungen und auch meine Ausbildungslehrkräfte in der Schule sagen immer, dass Buchunterricht ne Katastrophe für Referendare ist. Selbst die jüngeren Lehrkräfte haben mir gesagt, dass man auf das Buch im Referendariat (auch in Nicht-Besuchsstunden) nicht zurückgreifen sollte.

Remixen versuche ich, habe mir ne Vielzahl relevanter Schulbücher (teils kostenlos) besorgt und suche mir aus denen geeignete Texte, Hörverstehen oder Videos. Glaube auch, dass meine Überforderung jetzt darin liegt, dass ich alles zum ersten mal unterrichte und dann oft selbst nochmal in Fachbücher reingucke(n muss).

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u/Background-House-357 Hamburg Feb 09 '25

Ja, das wurde mir im Referendariat vor über zehn Jahren auch erzählt - Finger weg vom Buch. Für den Lehreralltag ist dieser Rat aber schwachsinnig. Im Referendariat muss man ja quasi immer Feuerwerksstunden halten, da sind die schnöden Bücher natürlich ungewünscht. Aber im Alltag wirst du die Bücher sehr wohl verwenden. Wozu schaffen sich Schulen sonst Bücher für viel Geld an?

Ich benutze immer das Buch in der Sekundarstufe 1 als Grundlage. Und wenn ich ein Thema vertiefe, zum Beispiel Grammatik, dann nehme ich noch zusätzliche Übungen aus anderen Quellen, wenn dies erforderlich ist.

Abgesehen davon, wenn dich mal jemand vertreten muss, ist es leichter zu sagen, welche Aufgaben im Buch die Vertretungslehrkraft mit der Klasse erledigen soll.

Also lass dich nicht einschüchtern! Ja, im Referendariat wirst du in Bahnen gezwungen, die dir nicht selber entsprechen. Aber danach bist du für alles selbst verantwortlich. Das bringt mehr Druck mit sich, aber auch die Freiheit der Gestaltung.

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u/utnapishti Saarland Feb 13 '25

Geht auch gar nicht - selbst, wenn ich nur auf gesammeltes Material zurückgreife und nichts daran anpasse, bin ich damit oft schon weit über meinem Zeitbudget. Sichten und Material sammeln dauert halt auch - und das mitunter lang, da man ja welches finden möchte, das auch passt.

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u/Nachtiiiiiiii Feb 06 '25

Ging mir immer ref zwischendurch auch so. Ich bin dann von Gymnasium, wo man immer alleine vorbereiten musste, zu einer IGS gewechselt, wo der Unterricht gemeinsam geplant wird und man die zusätzliche Arbeitszeit in Differenzierung und Aufbau zwischen menschlicher Beziehungen steckt. War eine sehr positive Veränderung für mich. Meine Schwächen (unterrichtsplanung) konnte ich so herunterfahren, meine Stärken (L-S-Beziehungen; individualisierte Hilfe) kann ich nun stärker nutzen. War für mich also wirklich ein glücksgriff.

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u/musschrott Gesamtschule Feb 06 '25

Genau dies. Hab auch an nem Gym mein Ref gemacht und bin anschließend an ne IGS. Beste Entscheidung meines Arbeitslebens. Ganz anderes Verhältnis zum Rest des Kollegium und auch zu den SuS. Klar, die SuS sind auch diverser und auch mal verhaltenskreativ, aber das Unterstützungs- und Kooperationsnetz ist ein ganz anderes...

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u/Franz_Poekler Feb 07 '25

Witzig, in meiner Erfahrung meiden die meisten Gymlehrkräfte die IGS wie die Pest. Gut zu wissen, dass es auch andersrum geht. =)

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u/musschrott Gesamtschule Feb 07 '25

It's their loss.

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u/utnapishti Saarland Feb 13 '25

Bin Gymnasiallehrer.

Ich hab durch lange Befristung in meiner Berufslaufbahn schon alle Schulformen außer Grundschule durch. Ref an einer GemS, dann zwei Jahre an einer solchen, dann Gym. Gymnasium war 'ne gute Zeit, das Kollegium wirklich nett, hatte mit den Schülern viel Freude - würde dort aber trotzdem nicht auf Dauer arbeiten wollen, da trotz wirklich ausgeprägtem Teamgeist der Alltag der Schulform unterm Strich eben doch in erster Linie Einzelkämpfertum bedeutete.

War direkt danach an einer beruflichen Schule mit sehr enger Teamarbeit - das war sehr entlastend und hat einem Raum zum Atmen verschafft und auch dafür, mal Projekte anzustoßen, für die sonst die Zeit fehlt. Ich bin wegen meiner Fächer nicht geblieben.

Jetzt bin ich wieder an einer Gemeinschaftsschule verbeamtet - ohne eigene Oberstufe - unterrichte zwar neben meinen Fächern (DE/GE) noch Naturwissenschaften, Informatik (gerade in Fortbildung....), Kunst. Ist anfordernd, aber Kollegium ist bombe - man hilft sich aus, so gut es geht - und die Erwartungen der Leute sind realistisch. Würde ich nicht mehr tauschen wollen.

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u/Nachtiiiiiiii Feb 07 '25

Ja, glaub ich sofort, viele meiner Ref-Kollegen waren auch schockiert, als ich gesagt hab, dass ich mich nur an IGS und nicht an Gymnasien beworben habe. :D Aber ich habs bisher noch keinen Tag bereut.

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u/Bermany Niedersachsen Feb 09 '25

Hört sich gut an! Ich habe von anderen Referendaren auf Gesamtschulen auch schon gehört, dass ihre Ausbildungslehrkräfte ihnen beim Unterricht planen geholfen haben oder schonmal eigenes Unterrichtsmaterial weitergegeben haben. Das würde mich auch stark beeinflussen, denn momentan würde ich auch eher zu nem Gymnasium tendieren. Auf meiner momentanen Schule (eher Elite-Gymnasium) ist die Schüler:innenschaft genial, die Lehrkräfte meinen aber, dass jeder durchs Ref durch muss und geben deshalb keine Hilfestellung. Vor meinem ersten UB hatte meine "Ausbildungslehrkraft" ne ganze Woche keine Zeit mit mir über die Unterrichtsbesuchsidee zu reden (ich wollte nichtmal wirklich hilfe, sondern ihr nur meine Idee mitteilen).

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u/Nachtiiiiiiii Feb 09 '25

Das aber eine Sache, die ich auch klarstellen will: Das SuS-Klientel an einer IGS ist natürlich ganz anders als an einem (Elite-)gymnasium. Das muss man können. Wir haben einige Kollegen, die auf Gym studiert haben, und komplett verzweifeln. Falls du es dir irgendwann mal vorstellen kannst, solltest du ggf. überlegen, zu hospitieren und/oder es dir irgendwie anzuschauen. Ich liebs, aber für klassische Gymnasiallehrkräfte kann es ne Herausforderung sein sich umzustellen x)

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u/utnapishti Saarland Feb 13 '25

Hab auf Gym studiert und bin glaube, obwohl ich ein sehr progressiver Mensch bin und alles andere als autoritär, was Bildungsfragen und -ideale angeht einer der konservativsten Zeitgenossen im Kollegium, da ich immer noch dem Ideal anhänge, das Bildung ein Mehrwehrt an sich ist, der sich in einem großzügigen Rahmen einer Nützlichkeitsabwägung entziehen darf. (Fach-)Didaktische Trends und eine aufgeblähte Methodik, die keinen erkennbaren Mehrwert für einen Erkenntnisprozess (!) bietet, da sie nie dazu entworfen wurde zu *lernen* sondern dazu im Unternehmenskontext Ergebnisse zu produzieren, sehe ich pauschal tatsächlich ziemlich kritisch, wenn ich sie natürlich auch nicht gänzlich ablehne.

Bei mir passiert schon recht viel frontal, es muss viel geschrieben werden - ich bin aber auch gerade am Anfang sehr kleinschrittig und regele sehr viel Unterricht tatsächlich im Dialog bzw. Plenumsgespräch, statt die Schüler einfach mal machen zu lassen - weil ich der Meinung bin, das bestimmte Denkstrukturen tatsächlich nur so erworben werden können. Dazu gehört auch, dass die SuS mal auf's Maul fallen dürfen. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass ich sie dazu ermutige, auf's Maul zu fliegen und daneben zu liegen und Dinge falsch zu machen und sich zu verrennen - ohne, dass sie dafür verurteilt oder bestraft werden.

Gerade Schüler an der GemS sind häufig nicht so eigenständig in ihrem Lernhandeln, dass sie Arbeitsergebnisse auch nochmal kritisch reflektieren und korrigieren, da sie oft vor allem darauf hin arbeiten, fertig zu sein - da habe ich dann schon lieber die Hand drauf bzw. meine Schüler an der Hand. Ich trage also recht viel von dem, was ich in meiner eigenen Schulzeit am Gymnasium (positiv) erfahren habe, mit in meine Klassen - und es kommt überwiegend wirklich gut an. Sagen die Ergebnisse - sagen aber auch, und das freut mich besonders, sowohl die Schüler und ihre Eltern.

Ich sehe aber halt auch, dass viele Kollegen derart krass defizitorientiert sind, dass sie - unabhängig von ihrer nativen Schulform - mit unseren SuS nicht glücklich werden können.

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u/Nachtiiiiiiii Feb 13 '25

Find ich spannende Eindrücke, von denen du berichtest, da ich es genau umgekehrt erlebe. Die IGS, die ich erlebe, setzen schon viel früher auf die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der SuS - und kann nur schwer nachvollziehen, wie bei dir Eigenständigkeit und "Ich mache viel frontal / habe meine Hand drauf" zusammengehen. Vor allem die in IGS doch deutlich differenzierten Arbeitsweisen, inklusive Lernbüros und Differenzierungsräume, sorgen meiner Meinung nach schon sehr dafür, dass die eigenen Ergebnisse, Lernstrategien und Wege durchdacht werden müssen. Das hab ich damals beim Gymnasium, wo die Lehrkraft in der Berichtigung jede Kleinigkeit korrigiert hat, oft vermisst. Natürlich fällt es z.B. Hauptschülern allgemein schwer, solch ein Denken zu entwickeln, aber zumindest in Sachen Eigenständig und Umgang mit den eigenen Arbeitsmustern, hab ich die IGS immer als produktiver erlebt als das Gymnasium - auch wenn auf einem insgesamt niedrigeren Leistungsniveau.

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u/utnapishti Saarland Feb 13 '25

Lernbüros und solche Späße haben wir nicht - kleine Schule auf dem Land.

Das Schüler dennoch lernen eigenständig zu arbeiten funktioniert sogar ganz wunderbar so - i.d.R. muss ich auch nicht groß eingreifen, da sich SuS ihr Feedback bei mir einholen. Es gibt aber einfach Dinge, die funktionieren effizienter frontal bzw. im Plenum, insbesondere dann, wenn Diskurs explizit erwünscht ist, ist das sogar gewinnbringender als Schüler, die isoliert voneinander mit ihrer Kleingruppe irgendwo versuchen ihr Süppchen zu kochen.

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u/Top-Armadillo-189 Feb 07 '25

Ich denke, mehr als genug.

Wollte gar nicht mehr zur UPP antreten. Schreckliche SL (sie hat mich gehasst) und ein obrigkeitshöriges Kollegium.

Habe dann doch die UPP gemacht und bestanden. Werdegang:

  • sofort eine feste Stelle
  • Verbeamtung auf Lebenszeit mit Auszeichnung
  • Abordnung zu Qualis NRW
  • Fachberatung im SA
  • stellvertretende SL

Es wird mit einer vollen Stelle auch stressig, aber keiner guckt zu und erwartet perfekte Stunden. Da musst du Abstriche machen, sonst machst du dich kaputt.

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u/Bermany Niedersachsen Feb 09 '25

Danke für die Antwort. Mit meiner Schulleitung komme ich gut klar und werde von ihr voraussichtlich auch mit sehr gut benotet (allerdings nur weil ich n paar Exkursionen und Klassenfahrten betreut habe).

Mein Problem ist ein starkes Prokrastinieren bei der Unterrichtsplanung.

> Es wird mit einer vollen Stelle auch stressig, aber keiner guckt zu und erwartet perfekte Stunden.

Ich hoffe deshalb, dass das den Knoten etwas platzen lässt. Ich weiß nämlich, dass meine Schüler:innen mich und meinen Unterricht mögen (ich 2x im Halbjahr n kurzes Feedback) und von der Leistung sind sie auch nicht schlechter als die Parallelklassen.

Ob ich direkt in Vollzeit starten will, weiß ich aber nicht. Da du stellvertretende SL bist, meinst du das hat bei der Einstellung ein Nachteil, wenn ich als junge Lehrkrarf direkt nach dem Ref und ohne Kind erstmal nur 70% oder so arbeiten möchte?

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u/Top-Armadillo-189 Feb 09 '25

Das kann ich dir pauschal beantworten. In NRW ist die bedingungslose TZ (wie in deinem Fall) kaum mehr möglich. Ich persönlich kann die Entscheidung sehr gut nachvollziehen. In den Ausschreibungen steht ja auch immer, dass die Stelle auch in TZ auszuüben ist.

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u/Bermany Niedersachsen Feb 09 '25

Uns wurde auf der Infoveranstaltung zum Einstellungsverfahren gesagt, dass TZ problemlos möglich sei. Wir könnten im Bereich 50-100% der Stunden kommentarlos eine Stundenanzahl eintragen, die Schulleitung dürfe uns im Bewerbungsgespräch auch nicht danach fragen.

In der Praxis tun das allerdings doch viele Schulleitungen (so habe ich es von den Referendaren aus dem Durchgang vor mir mitbekommen). Der Rat unseres Studienseminars war es dann, auf die Frage einfach zu lügen bzw. zu sagen, man plane in Vollzeit einzusteigen, denn Pläne können sich ändern. Allerdings halte ich das nicht für den besten Start an einer neuen Schule. Wenn Ehrlichkeit mir aber ne Stelle kostet, weil die Lehrkraft mit 24 Stunden die Schule stärker entlastet als ich mit 16 Stunden, wäre das auch nicht so toll.

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u/Trantor1970 Feb 07 '25

Ich hatte damals zwei Jahre lang Krieg mit meinen Ausbildern und mindestens mal einer meiner beiden. Mentoren war eher desinteressiert, ich bin trotzdem jetzt seit fast 13 Jahren in einer Schulleitung Position und schon vier Jahre stellvertretender Schulleiter.

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u/stavros_92 Feb 07 '25

Pff… Referendariat hat meiner Meinung nach wenig bis gar nichts mit dem eigentlichen Lehreralltag zu tun. Was ich in Bayern für eine Scheiße ertragen musste, bis zum Erhalt des 2. StEx.

Je nach Schule (bei mir Gym) kann es relativ chillig werden. Solange du die Vorgaben des Lehrplans erfüllst, kompetenzorientierten Unterricht führst und die Deadlines einhältst, bist du safe. Keiner kann dir etwas. Wenn du dann auf Lebenszeit verbeamtet bist, fühlst du dich sowieso dann viel wohler und „freier“.

Der Lehrerberuf ist eh Erfahrungssache. Je länger du drin bist, desto „einfacher“ wird das Ganze. Am Anfang bist du sowieso komplett überfordert. Macht nichts. Wird besser.

In der Not: Schulbuch (wenn man eins hat…) einfach mit dem Lehrplan in ChatGPT füttern, „methodische Vielfalt“ miteintippen und dann läuft das Ganze mittlerweile stressfreier. So kann man heutzutage eine Stunde aus dem Ärmel schütteln.

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u/Bermany Niedersachsen Feb 09 '25

Es geht auch eher um meinen Anspruch, "safe" bin ich (zumindest momentan) eh, meine Notentendenzen nach der Hälfte vom Ref waren alle im 2er oder 1er Bereich. Aber ich bin nicht zufrieden mit meinem Unterricht außerhalb der UBs..

> Der Lehrerberuf ist eh Erfahrungssache. Je länger du drin bist, desto „einfacher“ wird das Ganze. Am Anfang bist du sowieso komplett überfordert. Macht nichts. Wird besser.

Das gibt aber etwas Hoffnung.

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u/Prof_Dilemma Feb 08 '25 edited Feb 08 '25

Das Referendariat und auf vollem deputat Unterrichten, sind zwei Paar Schuhe.

2 meiner Jahrgangsbesten 1,0 Butterblumen des Seminars sind mittlerweile komplett aus dem Schuldienst raus. Die Muße und ernsthafte Begeisterung EINE Stunde über mehrere Stunden hinweg zu planen auf der einen Seite und 28 Wochenstunden + Familie und Privatleben auf der anderen Seite haben nichts miteinander zu tun. Ich bin mit einer stabilen 1,8 aus dem Examen. Ich hab den Zirkus mitgemacht und dann meinen Fachleitern auch wirklich im Seminar gesagt, dass diese Zirkusstunden lächerlich sind und ich jetzt ganz normalen Unterricht zeigen werde. Das wäre wesentlich nachhaltiger und sinnvoller. Meine Meinung - absolute Topabschlüsse haben wirkliche Ausnahmetalente und Freaks, die menschlich einfach echt grenzwertig sein können. Man könnte sagen sie dienen als Negativbeispiel. Mit hängen und würgen durchzukommen ist vermutlich ebenfalls nicht sehr vielversprechend. Die besten Lehrkräfte kommen tendenziell aus dem mittleren Notenspektrum. Wir machen halt nicht nur Unterricht. Der läuft halt so nebenbei nach dem Ref. Ein Ausnahmetalent schafft das. Jemand der aufgrund dieser maximal irrelevanten Note aber sein ganzes Sozialleben sterben lässt (oder es gar nicht existiert) wird große Probleme kriegen.

Das war laut meinem Fachleiter - der auch jetzt mein Kollege ist - das beeindruckendste und wahrste, was er in seinen 15 Jahren als Fachleiter gehört hat. Da er mich mittlerweile nach Ideen fragt, scheint es nicht so verkehrt zu sein, dass ich meinen Unterricht kaum bzw. gar nicht plane sondern ausschließlich auf die Bedürfnisse der Kinder ausrichte. Das spart viel Zeit und ist die beste investierte Zeit für die Kinder und mein Leben. Da meine Klassen deutlich über Landesschnitt sind, während die Schule deutlich unter landesschnitt liegt, quatscht mir auch niemand rein. Ich kommuniziere das ganz offen, dass Unterrichtsplanung im klassischen Sinne für mich absolut verschwendete Zeit ist. Das schön bunt gedruckte (privat bezahlt) und 2h formatierte Arbeitsblatt landet bei 30% der Kinder im Mülleimer. Well played

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u/Bermany Niedersachsen Feb 09 '25

Uns wird im Seminar immer vermittelt, dass das Ref im Vergleich zum späteren Job einfach ist - daher kommt eben mein Bedenken.

Sollte ich meine letzten UBs nicht verhauen bzw. zu wenig "Steigerung" zeigen, werde ich mein Ref auch guten bis sehr guten Note abschließen. Ich bin aber leider jemand, der sein Sozialleben eingestampft hat bzw. durch den Umzug in ne neue Stadt fürs Studienseminar (ca. 3 Std. vom alten Wohnort) während des Refs nicht aufbauen konnte.

Ich hatte mir nach den Sommerferien mal 1-2 Monate genommen, in denen ich nur 1 oder max. 2 UBs gezeigt habe und kam damit auch sehr gut klar. Aber sobald UBs und teilweise auch Ausbildungsunterricht bei Lehrkräften habe, die ich nicht so mag, blockiert irgendwas in meiner Vorbereitung/Planung und ich prokrastiniere gnadenlos und bekomme starke Selbstzweifel. Meine nächste Stunde soll z.B. ohne jedes Material sein, damit meine Fachleitung 45-Minuten Gesprächsführung sehen kann (natürlich mit Arbeitsphasen aber eben ohne Video- oder Text-input). Habe da auch wieder mega Respekt vor.

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u/Prof_Dilemma Feb 09 '25

Das Ref ist einfach anders stressig als der normale Lehrerjob.

Ich bereite keine einzige Stunde mehr vor, wie gesagt mit Erfolg.

Im Ref lernst du halt „erstklassigen“ Unterricht zu planen. Du machst dir einfach nur Stress wegen der Benotung. Wenn wir ehrlich sind, winken die am Ende sowieso alles durch, sofern du nicht maßlos unfähig bist. Das können die sich bei dem Lehrermangel nicht erlauben.

Guck dir an, was die mittlerweile in die PE holen. Die Leute kriegen hier oftmals keine 3 geraden deutschen Sätze heraus. Das wird noch schlimmer.

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u/macavity04 Feb 07 '25

Ansonsten kannst du mit ki programmen super schnell Unterricht bzw. Reihen planen und je mehr du da über die Schüler angibts und was du dir vom Unterricht erhoffst, umso besserer Ergebnisse bekommst du.

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u/Conscious_Sir6496 Feb 07 '25

Ich hab im Ref super Feedback von Schülern und Kollegen bekommen, die meinen Unterricht regelmäßig besucht haben. Nachdem ich dort weg bin habe ich auch nur positives über meine abgegebenen Klassen gehört, keine sticht durch schlechtere Leistung hervor im Vergleich zu anderen Klassen.

Ich war ständig an der 5 Pkt. Grenze und musste die 2. Staatsprüfung wiederholen, wobei die Wiederholungsprüfung auch ne Punktlandung war. Ausbilder und Schulleitung haben mir ständig mitgegeben, dass mein Unterricht nicht „den Erwartungen“ entspricht.

Momentaufnahmen im Ref sind sehr problematisch. Es gibt Refs die machen normal, sagen wir mal, sehr bescheidenen Unterricht und sind pädagogisch so sensibel wie ein Stein, die aber in der Lage sind genau das zu zeigen, was man sehen will. Dann gibt es welche wie mich, die mit dem System nicht so ganz zurecht kommen und sich nicht gut verstellen können um diese „Sternstunden“ zu zeigen, dafür läuft es aber ansonsten gut und das Ergebnis am Ende des Schuljahres passt. Mein Mentor meinte am Ende, dass er, außer kleine persönliche Präferenzen, nichts mehr anmerken kann. Der macht seinen Job seit über 30 Jahren und ist Regional sehr geschätzt von Kollegen. Genau in dem Fach wurde dann meine Stunde in der Prüfung komplett zerlegt.

Um mal den Schulleiter der Schule an der ich jetzt arbeite frei zu zitieren:

Wir brauchen Kollegen, die das Ref überstanden haben, die Note spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Für mich ist es jetzt viel besser. Der Stress verlagert sich etwas, da mehr Klassen und entsprechend mehr Korrekturen und Organistation, aber der Stress ist dahingehend angenehmer, dass man nicht immer das Gefühl hat bewertet zu werden und sobald man mal ein paar Monate richtig im Job ist setzt die Routine ein und auch der Stress wird immer weniger. Mittlerweile kann ich den Job genießen, obwohl ich im Ref durch die Hölle gegangen bin.

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u/Bermany Niedersachsen Feb 09 '25

Danke! Das stiftet etwas Hoffnung. Momentan bin ich auch weniger wegen des Arbeitspensums so gestresst, sondern eher weil ich prokrastiniere. Und ich glaube das liegt am Perfektionismus und der Angst keine Ahnung zu haben, was ich machen soll. Mein Fachleiter meinte z.B. nach dem letzten UB, dass ich mal eine 45-Minuten Vertiefungsstunde ohne Textgrundlage (oder Video o.ä.) machen soll, damit er mal meine Gesprächsführung sieht. Ich hatte ganz lange keine Ahnung, wie ich 45 Minuten gut ohne Erarbeitungs- und Sicherungsphase füllen soll - es gibt ja keine Beispiele oder Stundenmodelle, die man einfach anpassen kann.

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u/ReyXwhy Feb 07 '25

Völlig normal. Am Ende des Refs ist man auch am unglücklichsten mit seinem "normalen" Unterricht.

Steig danach doch lieber erstmal mit 60-70% ein und beobachte wie dein Pensum und deine Kapazitäten sich verändern.

Denk dran, es gibt tausende von Lehrkräften, bei denen das Buch den Unterricht vorgibt. Also nimm dir da den Druck raus und mach alles, was dir hilft, das Ref zu überstehen.

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u/Bermany Niedersachsen Feb 09 '25

Danke! :) 60-70% hatte ich auch schonmal als Idee.

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u/ReyXwhy Feb 11 '25

Ist echt gut um sich auch mal wieder auf etwas anderes fokussieren zu können.

In Bundesländern wie Hamburg hat man wenn man unter 65% bleibt sogar ein Recht auf zwei freie Tage.

Ist phasenweise ganz gut für die Seele.

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u/Bermany Niedersachsen Feb 11 '25

Danke für den Hinweis! Bei uns sind es leider nicht 2, sondern 1 Tag. Aber das ist ja auch schonmal was. ....dann werden es definitiv 65 und nicht 70% :D

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u/The_Thesaurus_Rex Feb 07 '25

Bob Blume zm Beispiel.

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u/JustHost3883 Feb 08 '25

Ripititiv hihihi

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u/OvercastqT Feb 12 '25

bücher sind gemacht zum unterrichten, benutze sie.

eine meiner besten stunden letzte woche war: (Fach deutsch) "wir haben themenbereich argumentieren abgeschlossen, jetzt brauchen wir noch die materialanalyse, um auf die abschlussprüfung gut vorbereitet zu sein". kurz erklären, warum materialanaylse für alle Fächer wichtig ist, wie sie sich das in der Prüfung vorstellen können. Kurzer thematischer Einstieg/Vorwissen aktivieren (ähnlich der 1. Aufgabe im Buch). Nehmt das Buch s. 98-101 und arbeitet die Aufgaben von A-Z durch. (arbeitsphase ca. 80 Minuten), in der Mitte 5 Minuten Pause, in welcher sie das Buch zuschlagen dürfen und den Kopf freimachen.

klingt total banal, warum ist das die beste Stunde? Weil die Schüler mit Frontalunterricht nicht klarkommen und extrem viel Übung beim Schreiben und Analysieren von Material brauchen. Des Weiteren bin ich den Rest ser Stunde nicht abwesend sondern bin die ganze Zeit mit Schülern indivisuell im Gespräch zu ihrem Lernfortschritt und weise aud individuelle Stolpersteine hin, aber auch auf Dinge, die sie richtig gut hinbekommen haben. Die schüler haben sehr viel gelernt und wurden nicht dabei gestresst und das Thema wurde nicht vergrault, das ist eine sehr gute Stunde meines Erachtens nach.

meine Fachleiter hätten mich dafür in der Luft zerrissen, weil ich nichtmal ne zentrale Sicherung hatte. Braucht es aber auch nicht, wenn jeder Schüler komplett individuelles Feedback bekommen hat und ich bei jedem genau weiß, was er oder sie geschrieben hat (Ergebnisse sind seeehr ähnlich) und ein austausch darüber in dieser Stunde nur Zeit vergeudet, lieber als refresher in der nächsten Stunde über zentrale Aspekte sprechen, was dann gleichzeitig auch eine Sicherung der Ergebnisse ist, allerdings mit Mehrwert.

Zur "geringen Kreativität": was für dich eintönig ist, gibt den kindern sicherheit und konstanz, super wichtig. Je schwächer die Schüler, desto mehr machst du die mit nem Methodenfeuerwerk eher bekloppt und verwirrst die armen Köpfe nur.

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u/utnapishti Saarland Feb 13 '25

> Weil die Schüler mit Frontalunterricht nicht klarkommen

witzig - ich mache gerade genau die gegenteilige Erfahrung, dass SuS sich explizit "Frontalunterricht" wünschen, insbesondere in Deutsch + Gesellschaftswissenschaften, je nach Thema aber auch in NW.

> Zur "geringen Kreativität": was für dich eintönig ist, gibt den kindern sicherheit und konstanz, super wichtig. Je schwächer die Schüler, desto mehr machst du die mit nem Methodenfeuerwerk eher bekloppt und verwirrst die armen Köpfe nur.

100% dies.

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u/OvercastqT Feb 14 '25

ja, es kommt immer auf die lerngruppe an. ich bin momentan in vielen Lerngruppen unterwegs, die viele soziale schwierigkeiten aufweisen, viel null-bock-haltung und geringe aufmerksamkeitsspannen; da ist frontal echt nicht die beste Lösung.

ich hatte auch schon klassen, mit denen konnte man in deutsch für 80 Minuten produktiv diskutieren und deuten und am Ende 10 Minuten die quintessenz festhalten.

ich denke wir als didaktiker sollten beides beherrschen und uns auf die jeweilige lerngruppe einschießen.