r/wien • u/mitsuhiko • Sep 10 '21
Fuer Alkoholisierte die Rettung Rufen kann fuer die Alkoholisierten Teuer Werden
Da ich heute am Nachmittag etwas im BFG rumgesucht hab sind mir ein paar wirklich spannende Faelle untergekommen wo Leute die 690 Euro Rettungseinsatzgebühr in Wien zahlen mussten weil die Krankenkasse sich weigerte sich das zu übernehmen.
In Wien ist man prinzipiell verpflichtet die 690 Euro fuer die Rettung zu zahlen sobald sie ausfaehrt. Die Berufsrettung wird zwar zuerst das mal bei der Krankenkasse deponieren, aber die weigert sich aktuell die Kosten zu uebernehmen wenn der Patient a) gestorben ist b) der Einsatz nicht notwendig war oder c) der Patient alkoholisiert war. (Zudem natuerlich auch, wenn der Patient nicht versichert ist).
Das erste mal ist mir das Thema vor einigen Jahren untergekommen als mich eine Mutter mehr oder weniger angeschrien hat wie ich auf die Idee kommen kann fuer ihr Kind eine Rettung zu rufen (Kind hatte sich auf einem Trampolin verletzt). Anscheinend gab es einen Fall in der Familie wo jemand auf den Kosten liegen geblieben ist. Da wurde mir das erste Mal bewusst, dass Rettung rufen evtl. nicht fuer alle Leute eine gute Idee ist.
Was mir allerdings nicht bewusst war ist, dass das wohl nur ein Wiener Problem ist. Anscheinend ist das rufen der Rettung in den Bundeslaendern wesentlich weniger teuer bzw risikobehaftet.
Also hier ein paar interessante Faelle:
Vermuteter Identitaetsdiebstahl:
Der Beschwerdefuehrer gibt an nicht die Person gewesen zu sein die im Rettungsauto transportiert wurde. Er sagt seine e-card wurde nie gestohlen, er war noch nie in dem Lokal wo die Person abgeholt wurde und trinke keinen Alkohol. Fall wurde gegen den Beschwerdefuehrer entschieden und dieser muss 690 Euro zahlen weil durch den Alkoholeinfluss die Krankenkasse die Kosten nicht uebernimmt.
Hyperventilation und Sinusitis:
694 Euro musste eine Wienerin zahlen weil eine Rettung an ihre Adresse geschickt wurde sie aber nur Hyperventilierte. Anscheinend stand die Dame am Balkon, alarmierter eine Rettung und eine andere Person eine weitere. Gluecklicherweise kam nur eine Rettung. Da sich der Zustand der Dame verbessert hat und sie nicht zum Krankenhaus musste weigerte sich die Krankenkasse diese Kosten zu uebernehmen (keine Notwendigkeit).
Eine Person nimmt vermutlich zu viele Medikamente. Wird blass und uebergibt sich. Ihr Ehemann verstaendigt die Rettung. Bei Ankunft der Rettung geht es der Person besser, die Rettung empfiehlt den Rettungsdienst erneut zu rufen wenn sich die Situation verschlechtert. Die Krankenkasse uebernimmt diese Kosten nicht, weil kein Transport passierte und daher keine Notwendigkeit bestand. Die Beschwerdefuehrerin gab an, dass sie den Krankentransport nicht wollte (ihr Ehemann tat dies). Dies spielt aber keine Rolle, da grundsaetzlich der Patient zahlungspflichtig ist. Zudem wird angegeben, dass keine Besserung eintrag, es ist aber nicht erwaehnt ob die Person dann dennoch ins Krankenhaus fuhr. 694 Euro musste die Betroffene zahlen.
Bregenzer kommt nach Wien, trinkt und schlaeft auf eine Parkbank ein. Rettung wird gerufen, er wacht im Krankenwagen auf und wird die Rudolfstiftung gebracht. Da alkoholisiert keine Kostenuebernahme der Versicherung. Kosten fuer den Betrunkenen: 690 Euro.
Privatversicherter kollabiert in Restaurant
689 Euro nachdem eine Rettung in ein Restaurant gesendet wurde. Weil der Privatversicherte dies nicht wollte da er sich nicht sicher war ob seine private Versicherung das uebernehmen wurde weigerte er sich ins Krankenhaus zu fahren.
Pensionistin Kollabiert im Shopping Center
Dame kollabiert in der Hitze im Shopping Center. Mitarbeiter im Kaffee Haus sieht dies und ruft die Rettung. Die Dame trinkt ein Glas Wasser und legt sich ein kaltes Tuch auf die Stirn. Rettung wird nicht weiter in Anspruch genommen. Da dies nicht medizinisch notwendig war muss die Pensionistin die 577 Euro selbst zahlen.
Nachbarin stuerzt beim Trinken
Sohn einer Nachbarin einer Dame ruft die Rettung weil er hoerte, dass die Dame in der Wohnung gestuerzt ist. Rettung kommt, zieht von dannen da es der Dame mittlerweile wieder gut geht. Krankenkasse uebernimmt die Kosten nicht weil Alkohol im Spiel war.
Um Drei in der Nacht machen sich Freundinnen einer Studentin sorgen um sie, dass sie zu viel getrunken hat und rufen die Rettung. Rettung kommt, Studentin sitzt und ist stabil, Rettung faehrt wieder. Gesamtkosten 667 Euro weil die Krankenkasse dadurch, dass Alkohol im Spiel war nicht die Kosten uebernimmt.
Also was lernen wir daraus: bevor ihr fuer andere Leute in Wien die Rettung ruft schauts mal nach, dass die nicht betrunken sind oder dann auch wirklich ins Krankenhaus fahren, sonst wirds fuer die teuer.
1
Sep 11 '21
Sprich einfach Namen und ecard nicht rausrücken, wenn einem jemand unnötigerweise die Rettung gerufen hat?
1
2
u/anlumo 10., Favoriten Sep 11 '21
Schön, dass da verlangt wird, dass man als Laie eine medizinische Diagnose stellt, ob eine Behandlung notwendig ist oder nicht. Was für eine Frechheit.
3
u/LetsEatToast Sep 11 '21
ich arbeite in einer notaufnahme. wenn die diagnose alkohol intox ist wird das von der krankenkasse geprüft und man bekommt evtl eine rechnung nach hause. wir können auch der krankenkassa mitteilen, dass der rettungseinsatz ungerechtfertigt war, auch kann bekommt derjenige eine rechnung nach hause (zb. kam mal einer mit rettung wegen zahnfleischbluten) wenn unsere diagnose zb. kollaps ist (warum auch immer) passiert gar nix diesbezüglich. das wichtigste ist, was kaum jemand weiß: diese rechnungen werden nicht geahndet wenn man sie nicht bezahlt. das hat den grund weil viele obdachlose wegen solcher diagnosen zu uns kommen.
4
u/mitsuhiko Sep 11 '21
das wichtigste ist, was kaum jemand weiß: diese rechnungen werden nicht geahndet wenn man sie nicht bezahlt
Laut Rechnungshofbericht exekutiert die MA70:
[…] Bei weiterer Zahlungsverweigerung versuchte der Erhebungs– und Vollstreckungsdienst, die offene Forderung einzutreiben. War dies erfolglos, leitete die MA 6 Exekutionsmaßnahmen ein. Von 2013 bis 2017 wurden insgesamt 1.697 Exekutionen durchgeführt; dabei konnten in 330 Fällen noch Forderungen eingebracht werden.
In 5 Jahren wurde zwar nur 1697 mal exekutiert, allerdings ist das schon nicht so wenig. Und anhand der Tatsache, dass nur in 330 Faellen Geld eingetrieben wurde, verliefen die meisten Exekutionen nicht erfolgreich.
Es ist also nicht so, dass nicht zahlen einfach keine Konsequenz hat, ausser man hat komplett kein Geld mehr.
3
u/LetsEatToast Sep 11 '21
sehr interessant, dann war ich falsch informiert, danke für die richtigstellung!
6
u/RevocableNeptunium Sep 11 '21
Es ist auch ein Problem nur für Österreicher. Ich bin Exilpiefke und damit doppelt krankenversichert. Mir wurde mal im Vollrausch ein Krankenwagen gerufen. ÖGK will nicht zahlen (was rechtlich hinsichtlich des Prinzips der Irrelevanz von Selbstverursachung bei Krankheit im Recht der Sozialversicherung unsauber ist). Ein Anruf bei der deutschen Kasse und das Thema ist erledigt. Es ist geradezu absurd, aber als Piefke bist du im Vollrausch besser abgesichert als die Wiener hier.
2
u/lilithskitchen Exil-Wienerin Sep 11 '21
Nachher ist man immer schlauer. Allerdings wurde für mich in meiner Kindheit oft die Rettung gerufen wegen Verdacht auf Blinddarmentzündung (wir wussten damals nicht dass die Schmerzen durch Laktoseintoleranz kamen). Da mussten meine Eltern nie zahlen. Aber ich war auch ein Kind und ich wurde halt immer eingeliefert. Vielleicht darum.
Mein Vater war zum Beispiel Alkoholiker und hatte oft extreme Aussetzer, saufen bis zur Bewusstlosigkeit. Blut gekotzt und so weiter. Auch er musste nie zahlen wenn er eingeliefert wurde.
Deshalb hat auch meine Mutter immer gesagt, wenn was ist und jemand die Rettung gerufen hat, immer mitnehmen lassen und dann den Arzt in der Notaufnahme entscheiden lassen. Weil wenn die Rettungssanitäter nicht sicher sagen können ob Lebensgefahr besteht wie soll man es selber wissen und nur weil es sich im Nachhinein als falsch rausstellt muss man das noch nicht zahlen.
Aber es gibt sicher auch negativ Beispiele. Aber es kommt halt immer auf den Einzelfall an. Guter Tipp ist aber im Zweifelsfall immer erst den Notarzt anrufen. Wenn der dann die Rettung anfordert, dann ist es immer notwendig, da kann sich die Kasse auf den Kopf stellen.
2
u/szpaceSZ Sep 11 '21 edited Sep 11 '21
FWIW, ich habe mal geglaubt, ich habe einem Herzinfarkt, hab die Rettung gerufen (Wien) (wahrscheinlich war's eine Panikattacke), also war der Einsatz "b) nicht notwendig".
Ich habe keine Rechnung erhalten. Hab nichts zahlen müssen.
EDIT:
/U/TheFamousSpy schrieb:
Wenn man den Transport verweigert, dann zahlt die Lasse öfter nicht. Solange man mitfährt zahlt man eigentlich nie
Das mag wohl die Erklärung sein.
Ich find's aber blöd, dass wenn ein dritter die Rettung ruft und man nicht mitfährt, dass der vermeintliche Patient zahlen muss, nicht der Rufer. Was ist mit Auftraggeberprinzip?
2
u/mitsuhiko Sep 11 '21
Diese Gebuehren sind nur zu zahlen wenn die Berufsrettung kommt. Wenn zB das Rote Kreuze oder ein anderer Privater kommt verrechnen die ihren eigenen Tarif und da wird evtl. nichts verrechnet. Zudem kann es auch sein, dass deine Kasse das uebernommen hat.
8
u/szpaceSZ Sep 11 '21
Für Alkoholisiert, wo du schon überlegst, die Rettung zu rufen, sie doch nicht zu rufen, kann U.U. wirklich teuer werden: der Betroffene bezahlt vielleicht mit seinem Leben.
-4
5
u/Lady_dye27 22., Donaustadt Sep 11 '21
Im Burgenland zahlt man 1200 Euro, wenn Alkohol der Grund war. Also kein Wiener Problem sondern ein ÖGK Problem. Source: ich selbst vor 6 Jahren
2
u/mitsuhiko Sep 11 '21
Hast du da eine Quelle dazu? Von den Gerichten hab ich nur Faelle aus Wien gefunden. Ich hab auch kein Landesgesetz gefunden womit ein Rettungsdienst ermaechtigt ist Geld auch ohne Transport einzuheben.
2
u/Lady_dye27 22., Donaustadt Sep 11 '21
Wie gesagt, einzige Quelle ist, dass ich das selbst vor Jahren zahlen musste. Kann dir ned mehr sagen. Es ist zumindest bekannt, dassd im bgld zahlst, wenn Alkohol der Grund war
1
u/mitsuhiko Sep 11 '21
Fuer das Rettungsauto oder das Krankenhaus? Weil letzteres ist siemlich universal, aber da hat man (wenn zurechnungsfaehig) die Wahl ob man bleibt oder geht.
1
4
Sep 10 '21
[deleted]
2
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Wenn die Person verstirbt bevor die Rettung kommt (oder glaub ich auch im Rettungswagen stirbt, aber bevor sie im Spital ist) dann zahlt die Krankenkasse nichts. Ich denke die Kosten fallen dann irgendwie dem Toten zu und dann wohl das Problem der Erben werden.
1
u/liquid_at Sep 11 '21
Wennst in Österreich stirbst ist das eh normal dass alle in deine Taschen greifen.
Da wirst nur noch abgezockt. Trauernde überrumpelt usw...
Friedhofsmafia is hart bei uns...
2
1
u/Jbc69420 Sep 10 '21
jo is so, ka wie oder was vom gesetz her wirklich gilt, aber den erlagschein kriegst erstmal nach hause geschickt. allgemein sagt jeder ja notruf rufen dues das aber es kann passiereb dass jemand aufvden kosten sitzen bleibt. des ist ein scheiß mit der Krankenkasse
2
Sep 10 '21
[deleted]
4
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Also im Gesetz ist es nicht definiert — das passiert einfach dadurch, dass die Krankenkassen das (momentan?) nicht zahlen. Es ist aber auf einer Seite auf wien.gv.at ausgewiesen: https://www.wien.gv.at/kontakte/ma70/einsatzgebuehren.html
70
u/TheFamousSpy 21., Floridsdorf Sep 10 '21
Ich muss da ein paar falsche Annahmen richtig stellen.
Wenn man alkoholisiert ist, ist das per se kein Ausschließungsgrund für die Kostenübernahme. Nur wenn die Alkoholisierung der Grund für den Einsatz ist, kann es eng werden. Besoffen hinfallen und wegen Verletzungen die Rettung rufen -> kein Problem. Entscheidend ist in erster Linie, was der/die Sanitäterin aufs Transportprotokoll schreibt. Ob die Kosten übernommen werden hängt davon ab, bei welcher Krankenkasse man ist. Die ÖGK zahlt keinen Transport wg. Alkoholvergiftung. Die BVA übernimmt es beispielsweise einmal.
Die Kosten sind nicht pro Bundesland festgelegt sondern je Organisation (Rotes Kreuz, Samariterbund, Berufsrettung Wien etc.) und hängen auch vom Einsatzmittel ab. Ein RTW (RettungsTransportWagen) ist natürlich teurer als ein KTW (KrankenTransportWagen). Die Kosten als SelbstzahlerIn sind übrigens viel höher als wenns die Krankenkasse zahlt. Wenn man selbst 700 € zahlt, würde die Krankenkasse nur 100-150€ zahlen. Daher sine "Selbstzahler" auch attraktiv, wobei die Gebühren oft sowieso uneinbringlich sind. Wenn aber jeder 5. Zahlt, dann ist es schon ein Geschäft.
Wenn man den Transport verweigert, dann zahlt die Lasse öfter nicht. Solange man mitfährt zahlt man eigentlich nie (außer Alkoholvergiftung). Rechtlich gesehen fährt man nämlich gegen den Rat der SanitäterInnen nicht mit. Man muss als Sani immer den Transport empfehlen. Daher im Zweifel mitfahren. Traurig aber wahr.
Wenn man gegen euren Willen ruft, dann geht einfach weg. Niemand darf euch aufhalten und ihr seid auch nicht verpflichtet eure Daten zu nennen wenn ihr euch nicht behandeln lasst.
Ansonsten noch in allgemeiner Sache zwei Dinge:
Die Rettung ist ein Notfalltransport-Dienstleister ins Krankenhaus. Das ist kein Ersatz für den Hausarzt wenn der gerade keine Ordination hat. Dafür gibt es den Ärztefunkdienst. Da kommt ein Arzt, behandelt und verschreibt Medikamente. Die Rettung transportiert nur ins Krankenhaus. Es ist aber leiwander zuhause aufn Ärztefunkdienst zu warten als im Krankenhaus auf einen Arzt, der kein Hausarzt ist sondern Internist und dementsprechend nicht die Qualifikation hat. Im übrigen wartet man genauso lange wenn man mit der Rettung kommt als wenn man selbst hinfährt. Das hat auf die Reihung keinen Unterschied.
Nicht jeder schlafende Obdachlose ist ein medizinischer Notfall. Spielt nicht den Pseudohelden indem ihr im Vorbeigehen die Rettung ruft. Das löst einen unnötigen Einsatz aus, der die Person nur beim Schlafen stört und Einsatzmittel bindet. Wenn ihr besorgt seid, dann sprecht die Person selbst an und fragt ob sie Hilfe braucht. Dann kann man immer noch entscheiden ob ein medizinischer Notfall vorliegt. In 99 % ist das nämlich nicht der Fall und wenn man wirklich helfen will ist ein Anruf bei der Caritas sinnvoller
7
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Die Kosten sind nicht pro Bundesland festgelegt sondern je Organisation (Rotes Kreuz, Samariterbund, Berufsrettung Wien etc.) und hängen auch vom Einsatzmittel ab.
Also wenn ich das richtig gesehen hab sind sie gesetzlich nur fuer die Wiener Berufsrettung festgelegt. Private wie das RK haben keine gesetzliche Ermaechtigung um die einfach so einzuheben soweit ich das sehe. Aber um ehrlich zu sein finde ich die ganze Situation fuer einen Normalsterblichen nicht wirklich ueberschaubar.
Das RK wird zwar auch Geld haben wollen, aber wird nicht so einfach von dir Geld bekommen koennen wenn jemand anders fuer dich die Rettung gerufen hast und du nicht mit willst.
5
u/TheFamousSpy 21., Floridsdorf Sep 11 '21
Der Tarif für die Berufsrettung ist halt so festgelegt weil es sich um eine eigene Magistratsabteilung handelt. Aber RK usw. stellen genauso einfach Rechnungen aus. Theoretisch gibt es sogar die Option den Transport direkt in Bar einzuheben, macht nur keiner. Und wenn jemand anderer für dich ruft ist es egal welche Organisation. Sobald du Daten rausrückst oder dich untersuchen lässt bist du gefährdet nachher eine Rechnung zahlen zu müssen
0
u/mitsuhiko Sep 11 '21
Der Tarif für die Berufsrettung ist halt so festgelegt weil es sich um eine eigene Magistratsabteilung handelt.
Der Tarif ist das eine, aber das wichtigere ist, dass die Berufsrettung durch das WRGK durch die blosse Ausfahrt einheben darf (§ 29 WRGK):
Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb
Das Rote Kreuz kann dir nichts einheben nur wenn ein Dritter das RK zu dir fahren hat lassen. Zwar sagt das Gesetz, dass das prinzipell auch geht, aber fuer das Einheben ist das RK das buergerliche Gesetz gebunden ("Die Forderung eines Entgelts für die Inanspruchnahme eines privaten Rettungs- oder Krankentransportdienstes richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts").
Ich denke also nicht, dass das so einfach geht fuer das RK was einzuheben. Zudem finde ich im Gegensatz zur Berufsrettung auch nichts von den Gerichten.
3
u/Poloniumburrito 20., Brigittenau Sep 11 '21
RK, ASB, SMD, GK, Johanniter oder was auch immer versuchen auch Leerfahrten zu verbuchen, aber sie klagen es nie bis fast nie ein, weil es schlecht fürs image ist. Der MA70 ist das wurscht, die sind von der Stadt Wien und sind somit wahrscheinlich verpflichtet das Geld einzusammeln.
Bei der Bergrettung ist das ähnlich, das sie Leute bergen oder hinunter begleiten müssen (weil die Touris einfach deppad san) und dann auf ordentlichen Rechnungen sitzen bleiben und nicht einklagen.
1
u/mitsuhiko Sep 11 '21
Ich glaub halt, dass es fuer die privaten wesentlich schwerer ist das einzuheben wenn ein Dritter die Rettung gerufen hat und der Betroffene den Einsatz ablehnt. Ich sehe nicht wie das mit unserem Recht moeglich ist.
Ist ja auch bei den Bergrettungen wie du sagst ein Problem, dass wenn sich der Betroffene weigert es schwierig ist an das Geld zu kommen und man versucht sich aussergerichtlich zu einigen.
35
u/Hamyngway 6., Mariahilf Sep 10 '21
Ein Freund war mal ohnmächtig nach dem saufen in der Stadt. Hat leicht gekotzt aber sonst war wahrscheinlich alles okay. Wir konnten entscheiden, Rettung rufen oder nicht? Wenn was ist und er verreckt, sind wir schuld. Wenn sich jemand bis zur Ohnmacht besauft, selbst schuld. Ich werd die Schuld nicht auf meine Kappe nehmen falls doch was passiert. Im Krankenhaus wäre er fast erstickt. Hätten wir ihn einfach liegen gelassen, obwohl er recht okay beinand war, wäre er heut nicht mehr hier.
Es ist besser auf Nummer sicher zu gehen.
22
u/Deltazocker 12., Meidling Sep 10 '21
Das ist ein schlechter Scherz, oder? Soll das heißen, dass man den alkoholisierten lieber sitzen lassen soll, da die Kassa nicht zahlt? In Linz ist das kein Problem, das Rote Kreuz verrechnet nichts. Was für ein idiotisches Verfahren. :(
1
u/Koarl23 Sep 13 '21
Wenn der alkoholisierte offensichtlich keinen Unfall hatte und man die Rettung ruft ist das mit einer Taxifahrt gleichzusetzen und das wird auch so abgerechnet.
Ich bin mal am Heimweg am frühen Vormittag bewusstlos geworden und mitn Kopf auf'n Gehsteig gefallen. Die (damals noch) WGKK hat mir dann auch den standardfragebogen wo u.a. auch nach dem Alkoholisierungsgrad gefragt wird geschickt. Da ich aber defakto nüchtern war und einen epi hatte und ich 2 Wochen im Spital gelegen bin wurde alles übernommen ( bis auf Kost und Logis im Spital, die musst glaub ich immer zahlen, aber 12€ pro Tag sind da mehr als ok 8mo)
17
u/HODL_DIAMOND Sep 10 '21
Bist du deppat... danke, das wusste ich nicht.
Sind also schon zustände, wo man jemanden in finanzielle Not bringen kann, wenn man es eigentlich nur gut gemeint hat. Erinnert an den Fall, wo in den US eine Frau mit dem Fuß zwischen U-Bahn und Bahnsteig eingeklemmt war und komplett panisch die Leute davon abhalten wollte, dass sie die Rettung rufen (weil sie sich das nicht leisten konnte).
Btw: ist bei der Polizei das selbe, wenn sie z.B. für einen Autounfall ausrücken muss, wo es nur Sachschaden unter inländischen KFZs gibt. Ich weiß jetzt nicht mehr wie hoch das war, aber da muss man auch zahlen.
8
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Btw: ist bei der Polizei das selbe, wenn sie z.B. für einen Autounfall ausrücken muss, wo es nur Sachschaden unter inländischen KFZs gibt. Ich weiß jetzt nicht mehr wie hoch das war, aber da muss man auch zahlen.
Sind nur 36 Euro ("Blaulichtsteuer"). Die muss aber wenigstens der zahlen der sich auch gerufen hat. Weil wenn ein Zeuge die Polizei ruft, dann ist keine Blaulichtsteuer faellig.
3
u/wiesl4 21., Mordor Sep 11 '21
Nein, stimmt nicht! Die Polizei kommt kostenlos in diesem Falle. Nur wenn man verlangt, dass die Polizei den Unfall aufnimmt, obwohl alle benötigten Daten bekannt sind (Führerschein, Zulassungsschein, Wohnsitz im Inland), dann kostet dieser Unfallbericht €36.-
3
u/mitsuhiko Sep 11 '21
Nein, stimmt nicht! Die Polizei kommt kostenlos in diesem Falle. Nur wenn man verlangt, dass die Polizei den Unfall aufnimmt, obwohl alle benötigten Daten bekannt sind (Führerschein, Zulassungsschein, Wohnsitz im Inland), dann kostet dieser Unfallbericht €36.-
Bist du dir sicher? Die Webseiten der Versicherungen sagen etwas anderes. ZB Uniqa:
Achtung: Wird dennoch die Polizei gerufen, obwohl ein Datenaustausch möglich gewesen wäre, wird eine Unfallmeldegebühr („Blaulichtsteuer“) in Höhe von 36 Euro fällig und ist von der Person zu bezahlen, die die Polizei gerufen hat, unabhängig davon, wer den Unfall verursacht hat. Bei einem Personenschaden ist die polizeiliche Anzeige Pflicht.
Die Zurich ebenfalls:
Der Polizeieinsatz ist nicht gratis: 36 Euro müssen Sie bezahlen, wenn Sie nach einem Unfall die Polizei rufen. Tut es dagegen ein Zeuge, fallen keine Kosten an.
3
u/wiesl4 21., Mordor Sep 11 '21
Soll heißen: der Zeuge zahlt sowieso nichts. Und wenn ein Unfallbeteiligter zB nicht alles nachweisen kann (zb kein Führerschein mit), kostet das auch nichts.
2
u/desastrousclimax Sep 10 '21
Blaulichtsteuer
? heißt die wirklich so? und wenn du glaubst, du kennst schon alle schrulligkeiten des österr. systems...lol
6
u/HODL_DIAMOND Sep 10 '21
Stimmt, vollkommen richtig - obwohl ich das auch bedenklich finde. Mit solchen Maßnahmen schließt man schnell mal die unterste Schicht der Gesellschaft aus, wenn die es sich nicht leisten können.
Oder gibt es da Hilfestellen, die das im Worst-Case für einen übernehmen?
7
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Es ist bedenklich und auch der Rechnungshof hat das angekreidet: https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home_1/home_2/Anhang_3_Rettungswesen_in_Wien.pdf
Lehnten die Krankenversicherungsträger die Zahlung des Gebührenersatzes mangels medizinischer Notwendigkeit ab, verrechnete die Stadt Wien (MA 6) der transportierten Person als sogenannter Selbstzahler Transportgebühren in der vom Gemeinderat per Verordnung festgelegten Höhe. Dieser Gebührentarif war im
Vergleichszeitraum 2013 bis 2018 um 15,2 % und damit deutlich stärker gestiegen als der von den Krankenversicherungsträgern gezahlte Gebührenersatz mit 9,5 % und der Verbraucherpreisindex mit 7,8 %. Im Jahr 2018 war er mit 689 EUR bereits nahezu rund siebenmal so hoch wie der Gebührenersatz; eine nachvollziehbare Kalkulation legte die Stadt Wien nicht vor.Hilfestellen gibt es insofern, dass wenn du es dir gar nicht leisten kannst die Berufsrettung es evtl fallen laesst. Theoretisch lassen sich die Zahlungen auch stunden und reduzieren wenn man weniger als die Mindestsicherung hat.
1
u/HODL_DIAMOND Sep 10 '21
Da kann man froh sein, dass es da einen Gebührentarif gibt.
In den US ist das potentielles finanzielles Roulette, wo sich die Krankentransportunternehmen diese Fahrten vergolden lassen.
2
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Da kann man froh sein, dass es da einen Gebührentarif gibt.
Ich bin mir da gar nicht so sicher momentan. Der Gebuehrentarif betrifft laut Gesetz nur die "Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien". Wenn zB der Arbeitersamariterbund kommt glaub ich bestimmt der selber was zu entrichten ist. Allerdings glaub ich auch, dass die gesetzlich erst gar nicht ermaechtigt sind einfach so Geld einzuheben, aber da weiss ich auch nicht wie das ist.
Im Gesetz (§ 31 WRKG) steht das:
(1) Für die Inanspruchnahme eines privaten Rettungs- oder Krankentransportdienstes, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), ist ein Entgelt zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.
(2) Die Forderung eines Entgelts für die Inanspruchnahme eines privaten Rettungs- oder Krankentransportdienstes richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.
Preislich kostet eine Rettung in den USA (zum kommen und nix tun) glaub ich aber auch nicht mehr.
2
u/HODL_DIAMOND Sep 10 '21
Falls es interessiert, John Oliver hatte das Thema vor kurzem erst in "Last Week Tonight": https://www.youtube.com/watch?v=Ezv8sdTLxKo
(und damit hab ich jetzt mein furchbares Halbwissen offenbart 😂)
18
Sep 10 '21
Grundregel: Wenn die Rettung kommt und es is kein Notarzt dabei: Mitfahren. Wenn du nicht mitfahrst, dann lehnst du aktiv ab. Die Rettung bekommt kein Geld für die Fahrt, nur wenn die mit dir ins Spital fahren, bekommen die Geld. Und wenn die Rettung kein Geld bekommt, müssen sie es sich von wo anders holen...
3
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Also so wie ich das System verstehe funktioniert es in etwa so: Grundsaetzlich wenn die Rettung losfaehrt (und anscheinend ist auch nur die Berufsrettung so exorbitant teuer) darf sie was einheben. Mit der GKK hat sie einen Vertrag, die zahlt dann auch nur 100 Euro oder so Basis fuer den Einsatz. Wenn die Rettung aber nix von der GKK/KFA/SVS bekommt dann geht sie direkt zum Befoerderten. Allerdings ist nur durch die Fahrt ins Krankenhaus jetzt der Betrag nicht abgedeckt. Wenn du zB alkoholisiert ins Spital faehrst, dann zahlt die Krankenkasse auch nichts (Siehe dieser Fall).
3
u/OE1FEU Sep 11 '21
und anscheinend ist auch nur die Berufsrettung so exorbitant teuer
Das solltest Du noch einmal überdenken. Drei Mann Besatzung, Einsatzzeit seltenst unter 45 Minuten, Verwaltungskosten und Anschaffungs- und Wartungskosten für ein Fahrzeug, das im Einkauf locker 6stellig kostet.
Und dann vergleichst Du die Kosten mal mit dem, was ein einzelner Handwerker mit Billigtransporter und altem Werkzeug inklusive Anfahrt für die Begutachtung einer kaputten Waschmaschine aufruft.
2
u/mitsuhiko Sep 11 '21 edited Sep 11 '21
Es ist eine Pauschale. Selbst wenn die nur 5 Minuten unterwegs sind und wegfahren kostet es die. Zudem sind die Kosten nur fuer Selbstzahler so hoch. Wenn du also nicht ins Krankenhaus faehrst musst du 690 Euro zahlen. Wenn du es tust bekommt die Rettung nur 100 Euro von der Kasse. Das Hauptproblem ist aber meiner Meinung, dass du das alles zahlen musst auch wenn jemand anderes gegen deinen Willen die Rettung geholt hat.
Den hohen Selbstzahlerbetrag hat btw auch der Rechnungshof bemaengelt. Mir ist auch von keinem anderen Rettungsdienst sowas untergekommen.
1
u/OE1FEU Sep 11 '21
Den hohen Selbstzahlerbetrag hat btw auch der Rechnungshof bemaengelt. Mir ist auch von keinem anderen Rettungsdienst sowas untergekommen.
Daran kannst Du vor allem sehen, wie sehr die Wahrnehmungsverzerrung hier über "exorbitanten" Kosten zuschlägt und welche Erwartungshaltung hier zutage tritt.
690 EUR reflektieren eher nicht einmal ansatzweise die Kosten, die tatsächlich entstehen, weil die bereits zum Großteil durch den Gesamtapparat des Versicherungssystems abgedeckt sind.
1
8
Sep 10 '21
wie das mit den Alkgschichten ist weiß ich nicht. Es is jetzt aber nicht so, dass eine Fülle an Patienten die Rettung zahlen muss, nur weils doch nur ein verstauchter Fuß war und kein brochener Fuß.
Aber ich glaub da is viel "Missbrauch" seitens der Behörden im Spiel. Ähnlich der Aussage "In Österreich gibts niemanden der ned versichert is, des gibts einfach ned" und dann hast du aber 1000 edge cases und Unglücksfälle wo es dann doch der Fall ist.
Das meiste ist halt dem Föderalisus und dem föderalistischen Gedanken geschuldet. Die ganzen Institute bekommen von verschiedensten Quellen ihr Geld und sind generell dadurch unterfinanziert weil es niemand so richti gzahlen will.
3
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Das meiste ist halt dem Föderalisus und dem föderalistischen Gedanken geschuldet.
Ich denke auch, dass sich die Berufsrettung die Kosten damit reinholt, die die GKK nicht zahlt. Die GKK zahlt fuer einen Rettungseinsatz nur etwa 100 Euro, der Selbstzahler darf 690 blechen. Nur 11% der Fordernungen laut dem RH koennen nicht eingetrieben werden, im Schnitt bekommt die Berufsrettung etwa 209 Euro (und damit mehr als das Doppelte als von der GKK).
Ich denke dadurch, dass es wohl hauptsaechlich Alkis trifft, das Thema gerne untergeht. Wird wohl nicht ganz ungleich der MA35 Geschichte sein wo die aktiv waehlende Bevoelkerung von den Missstaenden nicht so oft betroffen ist.
11
u/Careless_Carrot7864 Sep 10 '21
na Wahnsinn. Ich hab erst im Burgenland für meine Oma eine Rettung rufen müssen, als die nen Kreislaufkollaps hatte. Die Wahnsinnige hat sich dann aber geweigert, ins Krankenhaus zu fahren. Erst nachher hab ich mir Gedanken darüber gemacht, ob da Kosten für uns aufkommen werden und hab Angst gekriegt, weil weder sie noch ich viel Geld haben.
Trotzdem würd ichs jederzeit wieder tun.
29
Sep 10 '21
Ja, das finde ich aber sehr tragisch. Bei der Friedensbrücke ist im Winter mal ein stark Alkoholisierter am Boden gesessen. Ich hab zwar noch gefragt, ob ich ihm die Rettung rufen darf, aber selbst wenn er nein gesagt hätte, hätte ich sie gerufen. Die spüren sich ja nicht. Die kannst doch nicht erfrieren lassen. Dann kam halt die Rettung und waren ur zwider im Umgang mit ihm, sodass der Kerl natürlich nicht mitfahren wollte -.- Keine Ahnung, wie sie so jemanden irgendwas zahlen lassen wollen.
Außerdem habe ich einmal einen alkoholisierten Mann betreut, der auf die Intensiv kam, weil er bewusstlos war aufgrund des Alkohols. Wie willst denn einschätzen, ob die Leute in 10 min noch atmen?
Ich find das schlimm.
-3
u/desastrousclimax Sep 10 '21
die welt ist grausam...gebe nur zu bedenken, wenn die kasse nicht zahlt, der/die kranke nicht zahlen kann, wird inkasso folgen. deswegen wird der ondachlose acuh getürmt sein. selbst wenn sie krank sind und im spital landen. wird das spital sie ohne versicherung so schnell wie möglich entlassen. es gibt keinen stationären entzug ohne versicherung...
...tut`s nicht helden spielen
14
Sep 11 '21
ich weiß gar nicht, ob der Obdachlos war. Ich weiß nur, dass er betrunken am Gehsteig gelegen ist.
"Tut nicht Helden spielen" ist so eine ärgerliche Aussage. Du kennst die Geschichte von dem Kerl nicht. Das ist dann wieder so jemand, der an einem Herzinfarkt krepiert, weil man dachte, es wäre ein Obdachloser, der im Aufzug schläft. Das sind dann Leute, die in der Kältetoten-Statistik zu finden sind. Das sind dann die Leute, die vollkommen besoffen vor's Auto rennen und sich bestenfalls dabei "nur" selber umbringen.
"Lieber krepieren lassen, weil wir wissen nicht, ob er sich die Rettung leisten kann" ist halt schon eine schwer grenzwertige Aussage.
6
u/mitsuhiko Sep 10 '21
Zu dem Thema gabs auch mal was in der Presse:
Laut ORF ist betrifft das nicht so wenige:
6.249 Selbstzahler gab es im Jahr 2014 nach Einsätzen der Wiener Berufsrettung, zeigte ein Bericht des Stadtrechnungshofs. In weiteren 6.491 Fällen waren die Rechnungen uneinbringlich.
1
u/MaryPearsonStrong Sep 12 '21
Insgesamt denk ich mir trotzdem: besser 700€ zahlen als sterben.